Mikrotypographie: Mit ein paar Schritten zum guten Satz

Nachdem es im letzten Post um die Makrotypografie ging – um die Anordnung von Text auf einer Seite – geht es hier nun um ein paar Details, die gute Typographie von Mitteklassetypo unterscheiden.

Fast jeden Tag sieht man Druckerzeugnisse wo die Detailtypographie gelitten hat. Dabei sind es wirklich nur Kleinigkeiten, die aber, wenn man sie bereinigt, das Satzbild deutlich aufwerten. Genau deswegen werden im folgenden nun einige solcher typografischen Faux-Pas aufgelistet:

Anführungszeichen

typo_anfuehrungen

Einen Text gut zu setzen, fängt damit an, dass man im Layoutprogramm die richtige Anführungszeichen auswählt. Für deutsche Texte werden da meist diese „ “ verwendet. Sie sehen, genauer betrachtet, aus wie eine kleine 99 und eine hochgestellte 66 zur Abführung. Daneben kann man im Deutschen auch die Winkelform benutzen, also » « und zwar mit der Spitze nach innen. Im Schweizer-Deutschen wird ausschließlich die Winkelform benutzt aber hier eher wie im Französischen, mit der Spitze nach außen, also so « ». Bei englischen Texten stehen die Anführungszeichen immer oben, und zwar 66 und 99.

Der Apostroph

typo_apostroph

Es gibt nur einen korrekten Apostroph und der sieht aus wie eine kleine 9. Auch bei serifenlosen Schriften, wo die 9 nicht klar zu erkennen ist, sieht man doch meist eine Verdickung im oberen Bereich. Auf dem Mac erreicht man den korrekten Apostroph immer durch Alt-Shift-!

Der Bis-Strich / Strecken-Strich / Spiegelstrich …

typo_bisstrich1

Alle genannten Striche sind lange Striche, also sogenannte Halbgeviert-Striche. Der kurze Strich (-) kommt fast ausschließlich bei Worttrennungen vor. Ansonsten ist meist der Halbgeviertstrich der richtige. Im Englischen wird sogar der Geviertstrich oft benutzt (z.B. als Gedankenstrich). Auf dem Mac ist der Halbgeviertstrich per Alt – zu erreichen.

Der Bisstrich wird wie hier im Bildbeispiel ohne Abstand gesetzt oder nur ein klein wenig ausgeglichen (z.B. Viertegeviert)

Der Gedankenstrich

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Der Gedankenstrich steht immer zwischen 2 Wortzwischenräumen und ist ein Halbgeviert lang. Im Englischen meist ein ganzes Geviert lang und (fast) ohne Wortzwischenraum. Andere Länder, andere Sitten … ;-)

Die Ellipse

typo_ellipse

Als Ellipse werden die oft gesehenen drei Punkte bezeichnet die meist einen Satz abschließen und den Schluss des Satzes in der Luft hängen lassen. Die Ellipse ist ein eigenständiges Zeichen und nicht einfach drei Punkte die hintereinander getippt werden. Die richtige Ellipse ist meist mehr gesperrt (spationiert). Siehe auch das oben stehende Bildbeispiel. Die Ellipse wird durch einen Wortabstand vom vorhergehenen Wort getrennt außer es wird mitten im Wort abgeschnitten: Er sagte: »Sch…«

Das Multiplikationszeichen

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In Texten werden oft Maße angegeben, von Büchern z.B. oder in Kunstbüchern z.B. von Leinwandgrößen der Gemälde. Dabei sieht man oft den Fehler dass der Buchstabe X anstatt des richtigen Multiplikationszeichens verwendet wird. Die meisten Schriften haben ein eigenes Zeichen dafür. Wenn nicht, kann man sich des Zeichens aus der Zapf Dingbats oder einer ähnlichen Schrift bedienen. Meist muß das Multiplikationszeichen auch etwas spationiert werden weil es sonst zu sehr an den Zahlen klebt.

Die Kapitälchen

typo_kapitaelchen

Kapitälchen werden gerne benutzt, um Autoren in wissenschaftlichen Texten oder z.B. Bibliographien auszuzeichnen. Dabei ist es wichtig nur Kapitälchen zu benutzen, wenn die Schrift diese auch anbietet. Bei PostScript und TrueType-Schriften gibt es dann meistens einen einen Schriftschnitt der als »SmallCaps« oder einfach als »sc« bezeichnet wird. Bei den OpenType-Schriften wie z.B. der Minion Pro sind die Kapitälchen bereits integriert und können in Programmen, die OpenType-Funktionen anbieten (wie InDesign aber auch X-Press), aus dem OpenType-Menü ausgewählt werden. Ist die Funktion ausgegraut oder in eckigen Klammern, ist der Schnitt nicht verfügbar.

Wenn man also jetzt Kapitälchen trotzdem durch Drücken des Kapitälchenbuttons erzwingen möchte, werden die Kapitälchen durch das Layoutprogramm nach den Vorgaben elektronisch errechnet. Diese sehen aber dann nicht schön und harmonisch aus. Richtige Kapitälchen wurde extra vom Type-Designer entworfen und haben den gleichen Schriftduktus. Bei elektronischen Kapitälchen stimmen die Strichstärken nicht überein.

Kapitälchen sollten genauso wie Versalien immer etwas gesperrt und optisch ausgeglichen werden. Versalien schreien gerne aus dem Satzbild heraus und sollten im Fließtext auch einen halben bis ein Punkt kleiner gesetzt werden. (Man kann sich dazu z.B. Zeichenformate anlegen)

Das Versal-SZ

langess

Das lange S (oder das scharfe S) ist ein Kleinbuchstabe. Wenn Wörter also versal gesetzt werden, muß es durch Doppel-S ersetzt werden. Bisher war das so und momentan auch noch. Aber schon seit langer Zeit sind Schriftdesigner am Werkeln um endlich das Versal-ß in den Unicode Zeichensatz zu integrieren. Ob man das jetzt gut oder gar schön finden soll, ist Geschmackssache. Hier im Fontblog sieht man z.B. einige Varianten dazu.

Bei wem jetzt das Interesse geweckt ist, mehr über solche Schriftdetails und den korrekten Satz zu erfahren und so seine Layouts typografisch aufzuwerten, dem sei folgendes Werk wärmstens zu empfehlen:

detailtypo

9 Kommentare

  1. Veröffentlich von Daniel am 24. Januar 2016 um 13:32

    Eine schöne und klar strukturierte Zusammenstellung. Wenn Text und Kommasetzung auch so sorgfältig wären, dann gäb es da nichts zu bemängeln. Ich sehe oft mikrotypografisch gestaltete Texte, die sprachlich nicht von Mikrosorgfalt zeugen. Trotzdem vielen Dank!



  2. Veröffentlich von Sacha Heck am 27. Juli 2012 um 15:42

    Hallo Markus,

    Also auf jeden Fall auch bei Versalsatz die richtigen deutschen Anführungszeichen, nicht die englischen verwenden. Aber wie du sagst: Besser im Titel gar keine Anführungen, außer du zitierst jemanden.

    Gruß,
    Sacha



  3. Veröffentlich von Markus am 27. Juli 2012 um 15:12

    Wie sieht das eigentlich bei Versalien mit den typografisch korekten Anführungszeichen aus?

    Würde man dort auch Anführungszeichen „unten“ und abschließend „oben“ verwenden, oder nur die Oben-Variante wie im Englischen?

    Nebenbei: rein semiotisch sollte man wohl in einer Überschrift gar keine Anführungszeichen verwenden, las ich soeben andernorts.



  4. Veröffentlich von Klaus am 7. Mai 2012 um 16:46

    „Das Versal-SZ“ – die Bezeichnung sz ist an sich falsch, denn das ß ist eine Ligatur aus dem scharfen s, welches früher eher wie ein f aber mit Unterlänge geschrieben wurde und dem weichen normalen s. Ein Z kommt da nicht drin vor.



  5. Veröffentlich von Die Mikrotypografie und Ich | Noopics am 13. April 2010 um 09:46

    […] mir die Webseite typolexikon.de geliefert. Ein kurz gehaltene Aufzählung mit Regeln habe ich auf sachaheck.net gefunden. Wem es wie mir geht, dem wird sicherlich auch diese  Microtyp.pdf (0) helfen einen […]



  6. Veröffentlich von Sacha Heck am 12. April 2010 um 14:53

    Hallo Magdalena,

    Vielen Dank für dein Feedback!

    Alt-Shift-# scheint der Shortcut auf deutschen Tastaturen zu sein. Wir hier in Luxemburg z.B. benutzen meistens die Schweizer-Französische Einstellung. Die Raute # ist hier nicht direkt auswählbar sondern über Shift-3.

    >>Typographie-Skriptum unseres Professors

    Die würden mich interessieren :)

    Also das mit dem Gedankenstrich bei Postleitzahlen hab ich so noch nirgends gefunden … ich find’s persönlich nicht sehr ästhetisch. Wenn dann würde ich ihn in der Breite skalieren, so dass er nicht unbedingt ein halbes Geviert lang ist. Denn das scheint mir etwas breit.

    Ich hab dein Buchtipp dazu gefügt. Ich selbst habe das Buch zwar nicht aber ich denke es ist es schon wert erwähnt zu werden :)

    Viele Grüße,
    Sacha



  7. Veröffentlich von Magdalena am 12. April 2010 um 13:21

    PS: Ich habe vergessen, auf ein anderes tolles Werk bezüglich Mikrotypographie hinzuweisen: „Das Detail in der Typographie“ von Jost Hochuli. Eine wirklich tolle kleine Zusammenfassung, die auch einfach und schnell zu lesen und auch gut als kleines „Nachschlagewerk“ funktioniert.

    LG



  8. Veröffentlich von Magdalena am 12. April 2010 um 13:15

    Eine schöne, übersichtliche Zusammefassung zu Detailtypographie. Mir ist nur aufgefallen dass das Tastenkürzel für den Apostroph nicht (mehr?) stimmt. Bei mir findet sich das richtige Apostroph unter alt-shift-# …

    Zu Dan Majeurs Antwort:
    bezüglich dem Bindestrich/Gedankenstrich bei Postleitzahlen habe ich auch sehr lange überlegt, was denn nun verwendet wird. Dann habe ich mir aber wieder das alte Typographie-Skriptum unseres Professors genommen (ich kann nicht mehr ohne! So viele Grundregeln wie er darin aufführt – einfach lebenswichtig.), und nachdem ich den Abschnitt bezüglich Binde-/Gedankenstrich gelesen habe war es eigentlich klar: Es wird NATÜRLICH der Gedankenstrich verwendet. Wie es ja auch in dieser Zusammenfassung hier heißt wird der BINDESTRICH nur verwendet, um Wörter zu BINDEN. Was – wie ich mal behaupte – ja bei Postleitzahlen nicht der Fall ist. Ich lasse mich aber gerne eines besseren Belehren wenn jemand anders wirklich WEISS, wie es gemacht wird.

    GlG und gratuliere zu dieser tollen Zusammenfassung.



  9. Veröffentlich von Dan Majerus am 17. Juli 2009 um 21:45

    Bravo Sacha. Diese festgeschriebenen Regeln müssten in jeder Grafiker- oder Mediengestalterschule gleich im ersten Jahr gelehrt werden. Es würde nicht mal sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Also muss jeder Schulabgänger, soweit er nicht auf einer höheren Schule Typografie studiert, hoffen auf einen »Meister« zu fallen, der ihm diese Regeln beibringt. Nach den Drucksachen zu schließen, die mir in letzter Zeit unter die Augen kamen, sind diese »Meister« anscheinend vom Aussterben bedroht. Daneben muss ich aber bemerken, dass diese Regeln sich fast nur auf die deutsche Typografie beschränkt. Hast Du auch Erkenntnisse zu anderen Sprachen?

    Zur Ergänzung:

    Ähnliches Fehlverhalten wie beim Apostroph gibt es ebenfalls beim Gebrauch des Grad-Zeichens (Unicode 00B0 – Degree sign) anstelle des hochgesetzten kleinen O bei der Abkürzung für «Numero» Nº. Dafür gibt es in jeder guten Schrift ein Sonderzeichen (Unicode 00BA), meist als «Masculine Ordinal Indicator» bezeichnet. Bei serifenlosen Schriften wird der Unterschied wohl nicht sehr auffallen. Bei allen anderen Schriften mit unterschiedlichen Strichstärken umso mehr.

    Was ich ganz schlimm finde ist, dass immer öfter das Minutenzeichen ‚ als Apostroph gebraucht wird und nicht das hochgestellte Komma. Das kommt daher, dass Tastaturen das Apostroph-Ersatzzeichen mit dem Unicode 0027 ausgeben. Der richtige Apostroph (Unicode 2019) ist ein kleiner, leicht von links unten nach rechts oben geneigter Bogen, der einem hochgestellten Komma ähnelt und sich auf der Höhe der Überlängen der Schrift befindet. Das Aussehen ist aber abhängig vom verwendeten Schriftschnitt. Das Gleiche gilt für die Anführungszeichen, die fälschlicherweise mit dem Sekundenzeichen “ ausgegeben werden.

    Zum Bindestrich und Gedankenstrich:

    Welches Zeichen, Bindestrich (Viertelgeviertstrich) oder Gedankenstrich (Halbgeviertstrich), zwischen Ländercode und Postleitzahl wie CH-1012 gebraucht werden soll, habe ich noch nicht ausfindig machen können. Rein instinktiv würde ich den Bindestrich benutzen. Wer kann helfen?



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