PDF/X? Die X-Files der Druckproduktion?
Nach einer kleinen Pause und vielen arbeitsreichen Tagen, hier so kurz vor heilig Abend noch einen kleinen Exkurs in die faszinierende Welt des PDF (finde ich zumindest ;-)
PDF/X haben die meisten, in der Druckindustrie arbeitenden wohl schon mal gehört. Kein Wunder, begegnet man diese gefürchtete Buchstabenkombination doch in allen professionellen grafischen Programmen auf Schritt und Tritt. Und obwohl PDF/X ein Standard ist und seit über zehn Jahren in der Druckindustrie Verwendung findet, wissen wohl viele nichts oder nicht viel damit anzufangen. Deshalb hier etwas Aufklärung in Sachen X-Files:
PDF steht ja bekanntlich für »Portable Document Format«, also portables Dokumentenformat und wurde ja entwickelt um einen Dokumentenaustausch zu ermöglichen, wobei dieses möglichst auf allen Plattformen gleich aussehen soll, also demnach plattformunabhängig ist. PDF hat sich seither voll durchgesetzt und hat in vielen Bereichen Einzug gefunden. Was war nun das Problem in der Druckindustrie? Fertige Layoutdokumente der Druckerei als PDF zu schicken hat den Vorteil, dass der Bearbeitungsaufwand seitens der Druckerei viel viel kleiner ausfällt (oder ausfallen sollte). Die Druckerei muß das native Dokument nicht öffnen, Schriften laden, Bilder verknüpfen u.s.w. Das alles kostet Zeit und somit Geld. Aber mit PDF alleine ist die Produktionssicherheit noch nicht gewährleistet. Es mußte ein Standard her, der die für die Druckereien erforderlichen Spezifikationen aufnimmt. Nun bedeutet, ein PDF/X vorliegen zu haben, dass das PDF-Dokument die minimalen Anforderungen erfüllt um druckbar zu sein. Eigentlich erst mal nichts weiter. PDF/X sagt nichts aus über die Qualität. Man spricht daher auch von einem PDF– (Minus). Ein PDF/X muß in Acrobat Professional oder anderen geeigneten Preflighttools auf die Qualität geprüft werden. Hat das PDF/X den Preflight gut überstanden, wird das PDF/X Minus zum PDF/X Plus. Aber ganz der Reihe nach jetzt. Was hat das nun mit den ganzen Versionen auf sich?
X2, X3, X1a, X4 …?
Das X in PDF/X steht für eXchange, also Austausch. Bei uns Printlern ist damit der Austausch zwischen Datenersteller und Datenweiterverarbeiter gemeint, also die Plattenmontagenabteilung einer Druckerei. Nun gibt es eine große Anzahl von PDF/X-Versionen die verschiedenen Endzwecken dienen und aus verschiedenen Jahren stammen. Im Folgenden werden die momentan wichtigsten beleuchtet.
PDF/X1a:2001
Obwohl von 2001, ist dieses Format heute sehr verbreitet und eignet sich sehr gut für die Druckindustrie. Was bedeutet X1a? X1a ist eine Subvariante von X1. Bei X1 konnten sich noch TIFF, EPS z.B. innerhalb einer PDF-Datei befinden. Um die Verarbeitbarkeit von PDF ohne zusätzliche Tools zu garantieren wurde X1a geschaffen. Hier muß alles im PDF als PDF-Element vorliegen. D.h. kann kann aus einem PDF raus nicht mehr sagen ob ein Bild z.B. vorher ein JPEG war oder ein TIFF u.s.w. Diese Infos werden nicht mitgegeben.
Was aber viel wichtiger ist: Mit X1a wird ein CMYK und Schmuckfarben Workflow beschrieben. In PDF/X1a kann es kein RGB geben. Das ist nicht erlaubt. X1a beruht auf PDF-Version 1.3 (Acrobat 4). Hier gibt es keine Transparenzen. Diese müssen vorher verflacht worden sein. Ein PDF/X muß imemr über einen Output Intent verfügen, also eine Ausgabebedingung die aussagt, für welchen Druckprozess das PDF optimiert worden ist. Das geschieht mittels ICC-Farbprofilen im Layoutprogramm schon. (Darüber weiter unten mehr)
PDF/X1a:2003
Was ist der Unterschied zwischen X1a 2001 und 2003? Die 2003er Version wurde auf die PDF-Version 1.4 erweitert (erlaubt jedoch trotzdem keine Transparenzen dadurch). OPI (Open PrePress Interface) ist hier nicht mehr erlaubt (ist auch heutzutage nicht mehr so relevant)
PDF/X2
Bei PDF/X2 dürfen Dinge wie Fonts oder Bilder in der PDF-Datei fehlen weil diese z.B. beim Empfänger schon vorliegen. Ich sage jetzt mal: Ein PDF für die Druckvorstufe sollte möglichst komplett sein, daher hat diese Norm nicht viel Sinn in aktuellen Workflows. Nur innerhalb eines gut abgesprochenen Arbeitsablaufs eventuell …
PDF/X3
Wer schon von PDF/X gehört hat meint meist PDF/X3 und viele User erstellen auch PDF/X3 weil das irgendwann fast zum Hype wurde und jeder irgendwie mitbekam, dass man jetzt X3 zu machen hatte. Warum, weshalb X3 und nicht z.B. X1a, da stellen sich viele gar nicht die Frage, was denn nun der Unterschied ist. Vereinfacht gesagt: In PDF/X3 ist auch RGB erlaubt. D.h. die Umwandlung nach CMYK geschieht zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. im RIP (Raster Image Processor) der Druckerei. Hier spricht man von »Late Binding«. Und wie diese Umwandlung geschieht, das weiß der Datenersteller meistens nicht. Will man die Kontrolle über seine Daten haben, sollte die Umwandlung schon vorher erfolgen, z.B. beim sog. »Early Binding«, in Photoshop, vor dem Platzieren im Layoutprogramm oder aber (mein Favorit) beim PDF-Export. PDF/X3 heißt aber jetzt nicht, dass alles RGB sein muß. Genauso gut kann ein PDF/X3 nur CMYK-Daten enthalten. Oder es kann gemischt sein.
Während PDF/X1a in den USA entwickelt wurde, arbeitete die ECI (www.eci.org) zusammen mit dem Bundesverband Druck und Medien (www.bvdm-online.de) daran, einen Standard für Farbmanagement-Worksflows zu schaffen. Daraus ist 2002 PDF/X3 entstanden.
Der Vorteil von PDF/X3 liegt darin, dass es sozusagen medienneutral sein kann. Die Daten könnten in RGB vorliegen und noch in letzter Minute für die richtige Ausgabe (Offset, Rollenoffset, Zeitung …?) aufbereitet werden durch Profilkonvertierung bzw. noch besser: Device-Link-Technologie (wobei der Schwarzaufbau von bereits separierten Dateien nicht verloren geht)
PDF/X4
Die bisher genannten PDF/X Versionen erlauben keine Transparenz innerhalb des PDFs. Dadurch muß die Transparenzreduzierung schon sehr früh statt finden, am besten während der PDF-Erstellung. Da dies aber in der Vergangenheit gerne Probleme mit sich brachte bei Usern und Dienstleistern und ein verflachtes PDF auch nicht mehr (oder nur schlecht) bearbeitet werden kann, besteht die Weiterentwicklung darin, Transparenzen zu erlauben – und erst recht seit Adobe die APE (Adobe Print Engine) vorgestellt hat die dir Druckvorstufe revolutionieren soll. Denn damit kann der RIP direkt nativ PDF verarbeiten. PDF/X4 wird noch sehr wichtig werden in Zukunft.
PDF/A, PDF/E, PDF/UA …
Neben den ganzen X gibt es auch noch Standards für andere Bereiche. PDF/A wurde z.B. entwickelt für die Langzeitarchivierung oder PDF/E für ingenieurwissenschaftliche Dokumente, PDF/UA (Universal Access) für physisch behinderte Personen (blind oder sehbehindert) u.s.w.
PDF/X im Praxisbeispiel
Nach der ganzen Theorie jetzt aber zur Praxis. Im folgenden wird ein PDF/X erstellt, das nachher in Acrobat auf Drucktauglichkeit geprüft wird und somit zum PDF-X-Plus wird.
Zuerst einmal müssen im Layoutprogramm (im Beispiel: InDesign) die nötigen Druckprofile installiert sein ehe ein Dokument erstellt wird. Standard ICC-Farbprofile werden von der ECI (European Color Initiative) herausgegeben und können von der Website www.eci.org herunter geladen werden. Aber es gibt auch andere Initiativen die sich mit dem Thema PDF beschäftigen und fertige Settings auf ihrer Internetseite anbieten. Wichtig zu kennen sind daher die Ghent PDF Workgroup (www.gwg.org) und der Schweizer »Club für pannenfreie PDF-Produktion«: PDFX/ready (www.pdfx-ready.ch). Bei PDF/X-ready gibt es Rezepte für die PDF-Erstellung. Zuerst einmal werden also die Profile, Rezepte und PDF-Settings herunter geladen und der Anleitung nach installiert. Los geht’s: Hier klicken.
Nachdem alles installiert wurde und die von PDF/X-ready empfohlenen Einstellungen geladen sind, sind wir startbereit für unser Layout.
[Mini-Bemerkung: eciRGB in InDesign, darüber kann man streiten. Ich bevorzuge sRGB, weil die meisten unprodilierten Bilder die in InDesign platziert werden doch eher sRGB sind als eciRGB. Und der Arbeitsfarbraum kommt nur bei unprofilierten platzierten Bildern zum Einsatz. Eine sehr gute Erklärung findet man von Gerald Singelmann hier]
Wenn wir den Gut zum Druck vom Kunden erhalten, ist unser Dokument bereit für die PDF-Erstellung. Diese erfolgt über den in InDesign eingebauten PDF-Export. Über Distiller PDFs zu erstellen ist nicht mehr sehr zeitgemäß und beinhaltet etliche Nachteile über die hier jetzt nicht weiter eingegangen wird (vielleicht später mal). Wir wählen also Datei – PDF-Export, dann einen Speicherort und jetzt kommt der Einstellungsdialog. Wenn wir vorher das PDFX-ready- Rezept richtig durchgezogen und auch die PDF-Export-Settings für InDesign installiert haben finden wir hier jetzt den Eintrag »PDFX-ready_X1a_3mm_CS4-V1.3«. Einfach auswählen und Export klicken.
Jetzt wird das erstellte PDF ind Acrobat geöffnet um den Preflight durchzuführen. An der linken Seitenleiste (bei Acrobat 8 + 9) kann man jetzt ein Icon sehen das so aussieht.
Wenn das Icon nicht erscheint, kann es via Menü aufrufen: View – Navigation Panels – Standards. Wenn man hier drauf klickt bekommt man alle Informationen betreffend des erstellten PDF/X. Die Version, die Ausgabebedingung u.s.w. Mit Verify Conformance kann man jetzt Acrobat das PDF prüfen lassen auf PDF/X-Tauglichkeit. War diese erfolgreich, wird das angezeigt. (In früheren Versionen war dies im Preflight integriert und bei bestandener PDF/X-Konformität gab es ein großes grünes Häkchen)
Man kann die PDF/X-Konformität auch gleich im Preflight durch laufen lassen:
Duch diese Konformitätsprüfung erhält man die Information ob das erstellte PDF den Mindestanforderungen entspricht (PDF/X-Minus) Danach folgt dann die Prüfung zum PDF/X-Plus. Hier wählen wir also dann das installierte Prüfprofil, ebenfalls von PDF/X-ready zur Verfügung gestellt. Dieses muß entsprechend des gewünschten Ausgabeziels gewählt werden. In unserem Beispiel ist das: »! PDFX-ready Bogenoffset Classic V1.3 (X-1a)«. Jetzt wird das Dokument einer Qualitätsprüfung unterzogen.
Der Preflight zeigt anschließend an, welche Mängel es noch zu beheben gilt und welche Dinge ignoriert werden können je nachdem wie groß der Qualitätsanspruch liegt. Hier im Beispiel wird nur als Info angegeben, dass Schmuckfarben benutzt worden sind. Das ist hier aber gewollt und ok.
So einfach kann die PDF/X-Erstellung sein :-) Und nun: Auf ein gutes Jahr 2010 mit sehr guten qualitativen PDFs ;-) Ho ho ho
Ein Buchtipp der hier nicht fehlen darf an dieser Stelle:
[…] zum Thema PDF/X können Sie in dem Artikel „PDF/X – Die X-Files der Druckproduktion?“ […]
Hallo,
Sind die 4 PDF-Dateien alle 4 PDF/X? Welches? Falls ja, geht bei der Zusammenführung ja von der Qualität her nichts verloren und Sie könnten z.B. anschließend das zusammengeführte PDF in Acrobat nochmal zu einem PDF/X »veredeln«.
Viele Grüße,
Sacha
Hallo, super Artikel.
Habe aber eine Frage bzw. Problem.
Ich muß 4 Pdf-Dateien zusammenführen. Dadurch verliere ich den Pdf-X… Status. Wie kann ich das verhindern? Für Hilfe wäre ich sehr dankbar!
Vielen lieben Dank für die Mühe! Hat mir sehr weitergeholfen! LIeben Gruss und auch von mir grosses Lob!
[…] dem dann auch noch ein perfektes Druck-PDF nach PDFX-ready-Regeln erstellen wollen, können Sie in diesem Beitrag mehr darüber lesen (und natürlich auch in dem oben erwähnten Leitfaden). Auch was dieses X bei […]
Klasse beschrieben und es hat mir sehr geholfen – Kann die Mediengestalter Ausbildung doch kommen.
Tjo, die Sachverhalte können so simpel sein. Herzlichen Dank für eure Erläuterungen ;-)
Hallo,
Vielen Dank fürs Lesen und den Kommentar!
Gruß aus Luxemburg,
Sacha
Sehr guter Artikel, großes Lob für deine Mühen!!!